Der Kunsthändler und Auktionator Hugo Helbing (1863-1938) gehörte einst zu den bekanntesten Exponenten des deutschen Kunsthandels. Nach seiner Ermordung durch die Nationalsozialisten im Zuge der Novemberpogrome 1938 geriet er aber – wie viele andere als jüdisch verfolgte Akteure der Kunstwelt – weitgehend in Vergessenheit.
Seit einigen Jahren werden Helbing und sein Auktionshaus jedoch intensiv erforscht. Das Auffinden großer Konvolute von annotierten Auktionskatalogen aus seiner Firma – sogenannte Handexemplare – hat entscheidend zur Rekonstruktion und Wiedererinnerung beigetragen. 2021/22 konnten die meisten der bekannten Handexemplare durch die Universitätsbibliothek Heidelberg digitalisiert und für die Recherche zugänglich gemacht werden. Gleichzeitig entstanden über die Jahre eine Reihe von Arbeitsgruppen und Einzelprojekten zu Helbing und seiner weitverzweigten Tätigkeit. Schließlich liegen mittlerweile auch viele Einzelstudien zu Objekten vor, die durch Helbings Firma gingen.
All dies ermöglicht und erfordert eine Bilanzierung des Forschungsstands. Die geplante Tagung am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München möchte hier ansetzen, um die Recherchen weiter zu vernetzen und zu bündeln. Dabei sollen auch Lücken, Fehlstellen und Desiderate dezidiert adressiert werden. Es gilt, das vielgestaltige Profil von Helbing noch präziser zu fassen und ihn zugleich breiter zu kontextualisieren. Dementsprechend sollen nicht nur Recherchen, die sich unmittelbar auf Helbing beziehen, ins Blickfeld rücken; ebenso willkommen sind Beiträge, die das Umfeld der zeitgenössischen Kunstwelt erhellen.
Diese Fachtagung ist als Beitrag zur Kunsthandelsgeschichte, Sammlungsforschung und Provenienzforschung zu NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut konzipiert.
Die Tagung wird voraussichtlich zwei Beitragsformate ermöglichen: Etwas längere Vorträge (20 Minuten), sollten eine Fragestellung vertiefend aufgreifen, während in Kurzvorträgen (10 Minuten) auch Schlaglichter auf besonders sprechende Fallbeispiele geworfen werden können. Ein Begleitprogramm mit einer Präsentation von Archivalien wird das Programm abrunden. Am Schluss der Tagung wird die Hugo Helbing Lecture 2025 stehen.
Einsendungen zu diesem Call können sich beispielsweise um folgende Themen drehen, doch sind andere Fragestellungen ausdrücklich ebenfalls erwünscht:
– die Entwicklung der Kunstauktionen in Deutschland, 1850-1950
– die Entfaltung des Kunsthandelsstandorts München
– Kunsthandel im Familienverband bei Helbing und in anderen Firmen
– internationale Präsenz auf dem Münchner Kunstmarkt
– Filialgründungen im Kontext des Münchner Kunstmarkts
– die Beziehungen von Hugo Helbing zu Museen und ihren Leitern
– Wandlungen in Nachfrage und Geschmack im zeitgenössischen Kunstmarkt
– das Verhältnis zwischen Kommissionsware, Eigenbestand und privater Sammlung
– Helbing und der Kunstmarkt im Spiegel von Presse und Medien
– Firmengeschichte der Galerie Hugo Helbing
– Helbing und andere Kunsthändler als Mäzene
– Mechanismen der Verdrängung und Verfolgung im nationalsozialistischen Staat
– der Verlag Helbings und das Publikationswesen im Kunsthandel
– das Nachleben, das Beschweigen und die Rehabilitierung Hugo Helbings
Interessierte Kolleginnen und Kollegen werden gebeten, ein Abstract (max. 1 Seite) für einen Vortrag von 10 bzw. 20 Minuten Dauer sowie eine Kurzvita (max. 1 Seite) in einer zusammenhängenden PDF-Datei einzureichen. Bitte geben Sie unbedingt an, ob Sie einen langen oder einen kurzen Vortrag halten möchten. Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch. Die Veranstalter können keine Reise- und Übernachtungskosten erstatten, doch wird es – bei Bedürftigkeit – dank einer Spende möglich sein, eine kleine Zahl von pauschalen Reisekostenzuschüssen (je 250 Euro) auszuschütten. Sollten Sie einen solchen Zuschuss benötigen, dann weisen Sie bitte in Ihrer Einsendung darauf hin.
Einsendeschluss ist der 8. Dezember 2024, die Entscheidung über die Annahme erfolgt spätestens am 20. Dezember 2024. E-Mail Adresse (auch für evtl. Rückfragen): research@hugohelbing.org
Konzeption:
Christian Fuhrmeister, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München
Meike Hopp, Technische Universität Berlin
Jan Thomas Köhler, Helbing Art Research Project, Potsdam
Anja Akikazu Matsuda, Helbing Art Research Project, Potsdam
Johannes Nathan, Forum Kunst und Markt, TU Berlin / Editor-in-Chief, Bloomsbury Art Markets, Potsdam
Veranstalter:
– Helbing Art Research Project, Potsdam, gefördert durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste
– Fachgebiet Digitale Provenienzforschung, Technische Universität Berlin
– Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München
– Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, Magdeburg
Diese Tagung wird finanziell unterstützt vom Verein der Freunde des Zentralinstituts für Kunstgeschichte e.V. CONIVNCTA FLORESCIT.
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