CFP: Internationaler Expressionismus – gestern und heute (Expressionismus 17/2023, ed. by Kristin Eichhorn and Johannes S. Lorenzen)

Der Expressionismus scheint als Bewegung uneingeschränkt mit Deutschland verbunden zu sein, sowohl in Hinblick auf Topoi der Malerei und Kunst als auch hinsichtlich ästhetischer Konventionen literarischer Werke. Auch in Bezug auf traditionelle und neue Medien sind die den ‚expressionistischen‘ Stil definierenden Werke im Wesentlichen deutscher Herkunft. Ebenso sind die zentralen Künstlergruppen mit deutschen Städten wie München, Berlin oder Dresden verbunden. 

Dennoch ist der Expressionismus kaum außerhalb seines internationalen Netzes zu denken. Dies gilt einerseits aufgrund der wechselseitigen Beeinflussung verschiedener internationaler avantgardistischer Bewegungen, die die Frage nach der nationalen Profilierung aufwirft. Auch gibt es schon in den Anfängen des Expressionismus diverse Kontakte zwischen verschiedenen Ländern. Neben europäischen Einflüssen aus Frankreich und Italien – man denke an den Futurismus –, ist die bereits früh einsetzende Rezeption afrikanischer Kunst im ‚Primitivismus‘ und seiner Bedeutung für bildnerische oder performative Kunstformen ein zu berücksichtigender Faktor. 

Darüber hinaus ist der (deutsche) Expressionismus am Übergang zwischen den 1920er und 1930er Jahren selbst eine Art ‚Exportschlager‘ geworden – nicht nur, aber vor allem auch dadurch, dass seine Vertreter:innen infolge der Ächtung ihrer Kunst im Nationalsozialismus das Land verlassen mussten. Gerade Regisseure und Filmschaffende flohen beispielsweise nach Amerika, wo das Aufkommen Hollywoods und das Zeitalter der Studiofilme von expressionistischen Künstler:innen und ihren Visionen maßgeblich mitgeprägt wurden und dem neuen Medium Film einen festen Platz als kulturelles Leitmedium im 20. Jahrhundert ebneten.

Weiterhin lassen sich die Stilmerkmale vor allem des bildnerischen Expressionismus in der ganzen (westlichen) Welt als Einfluss auf Kunst und Kultur finden. So wurde die durchaus noch vom Kubismus geprägte Avantgardekunst der USA in den 1940er und 1950er Jahre – besonders von der Farbflächenmalerei Mark Rothkos oder dem als Action Painting bekannten Tröpfelstils von Jackson Pollock beeinflusst – von der Kunstkritik als ‚Abstract Expressionism‘ bezeichnet und zeigt, wie weitreichend der Einfluss expressionistischer Kunst auf die westliche Kulturentwicklung war und ist.
Das Heft möchte gezielt den vielfältigen internationalen Aspekten des Expressionismus nachgehen – sowohl hinsichtlich seiner Entstehung als auch seiner Verbreitung und Rezeption. Darüber hinaus stellt sich die allgemeine Frage der Verortung des Expressionismus im Spannungsfeld zwischen Nationalismus und Internationalismus vor dem Hintergrund zeitgenössischer gesellschaftlich-politischer Debatten. Nicht zuletzt lässt sich die Frage aufwerfen, inwiefern der Expressionismus in dieser Hinsicht eine zeitlich gebundene und auf eine bestimmte geografische Region bezogene Strömung oder Epoche ist, die nur anderswo wieder aufgegriffen oder anzitiert wird, bzw. ob man ihn als potenziell orts- und zeitübergreifenden Stil lesen muss.

Abstracts zu diesen, aber gerne auch anderen thematisch einschlägigen Aspekten von nicht mehr als 2.000 Zeichen senden Sie bitte bis zum 1. Juli 2022 an eichhorn@neofelis-verlag.de und lorenzen@neofelis-verlag.de. Zudem werden unabhängig vom Thema des Hefts auch immer Vorschläge für Rezensionen oder Diskussionsbeiträge zu aktuellen Forschungsdebatten entgegengenommen, die Phänomene der aktuellen Expressionismus-Rezeption vorstellen und besprechen.

Die fertigen Beiträge sollten einen Umfang von 20.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen und Fußnoten) nicht überschreiten und sind bis zum 1. Dezember 2022 einzureichen. Das Heft erscheint im Mai 2023.

Für weitere Informationen: neofelis-verlag.de/verlagsprogramm/zeitschriften/expressionismus.